Noch nie war sie so schnell unterwegs, noch nie hatte sie aber eine Hallensaison mit so viele Unwegsamkeiten. Lange wusste USC-Sprinterin Tina Benzinger nicht, ob es für sie überhaupt eine Hallensaison 2021 geben würde, am Ende kann sie sich aber über jede Menge Erfahrungen und Bestzeiten am Fließband freuen.
Dank der Berufung in den Ergänzungskader des Bayerischen Leichtathletikverbands als Dritte der Deutschen Jugendmeisterschaft 2020 über 100m durfte die 20-Jährige ab November als Spitzensportlerin in der Münchner Werner-von-Lindehalle trainieren. „Die Trainingsbedingungen waren super, ich bin sehr dankbar, nur so konnten wir die Grundlagen für die Wettkämpfe legen,“ so Benzinger. Die ersten geplanten Wettkämpfe im Dezember wurden aber alle abgesagt und so hieß es lange Zeit trainieren statt rennen, auch im Januar.
„Viele Wettkämpfe waren nur für Bundeskaderathleten, teilweise wurden Athleten deshalb sogar wieder von Veranstaltungen ausgeladen, weil die Gesundheitsämter dies als Auflage an die Organisatoren weiter gaben“, erinnert sie sich. Also hieß es sich weiter in Geduld üben.
Schlussendlich gelang es ihrem Trainer Jonas Wahler, sie für einen kleinen Wettkampf in Österreich zu melden. Und so ging es, nach absolvierten Coronatest, nach Innsbruck. „Ich war einfach nur froh, endlich mal wieder raus zu kommen und rennen zu dürfen,“ blickt Benzinger zurück.
„Dass Tina gut drauf war, wusste ich spätestens seit einem Test, den wir eine Woche zuvor in München absolviert hatten. Dass sie aber so schnell in die Hallensaison einsteigen würde, hatte ich nicht erwartet“, sagte ihr Coach rückblickend. Gleich im Vorlauf steigerte sie ihre Bestleistung um eine Zehntel von 7,69sek auf 7,59sek, auf 60m ein Quantensprung. Und es wurde noch schneller. Das Finale gewann sie mit 7,55sek.
Aufgrund der guten Leistung durfte die Studentin dann auch eine Woche später an einem Wettkampf in Leipzig teilnehmen. Nach einer schwierigen Anreise aufgrund des Wintereinbruchs in Mitteldeutschland und fast 90minütiger Zugverspätung stand – na klar – wieder erst ein Coronatest an. Dieser war glücklicherrweise das einzig Negative am Ausflug nach Sachsen. 7,55sek im 1. Lauf, Bestzeit eingestellt, 7,52sek im 2. Lauf, Bestzeit noch mal um drei Hundertstel nach unten gedrückt und dann auch noch über 200m die Hallen-Bestzeit von 24,82sek auf 24,37sek pulverisiert. Und das alles in 80 Minuten. „Danach war ich einfach nur platt und glücklich“, so Benzinger, die vor Ort auch noch vom Bundestrainer erfahren hatte, dass sie bei den Deutschen Aktiven-Meisterschaften unterm Hallendach in Dortmund als Nachrückerin an den Start gehen durfte. Die Hallensaison ging also in die Verlängerung.
Der Wettkampf in der Leipziger Arena hatte aber Spuren hinterlassen. „Tinas Beuger hatte komplett zugemacht, nachdem es auch am Montag noch nicht besser war, entschieden wir uns, ärztlichen Rat einzuholen,“ so ihr Trainer. Eine MRT-Untersuchung sorgte dann für Gewissheit, keinerlei Schäden an der Muskulatur und so konnte mit Hilfe von mehreren physiotherapeutischen Behandlungen der Oberschenkel so aufgelockert werden, dass ein Start in Dortmund möglich war.
Doch erst hieß es wieder Coronatest, für die nationalen Titelkämpfe war vorab sogar ein negativer PCR Test gefordert. Als das negative Ergebnis vorlag, stand der Fahrt nach Dortmund nichts mehr im Wege. Ob Benzinger dann aber auch starten durfte, war bis wenige Stunden vor dem Rennen noch nicht klar. „Alle Teilnehmer und Trainer mussten direkt vor der Halle noch einmal einen Schnelltest machen. Mit Nummern in der Hand wartete man auf einem Parkplatz auf sein Testergebnis,“ so die 20-Jährige. Nachdem auch der vierte Coronatest innerhalb von 17 Tagen negativ ausfiel, ging es rein in die Helmut-Körnig-Halle zu ihren ersten ersten Deutschen Hallen-Meisterschaften bei den Erwachsenen. „Das war schon spannend und nervenaufreibend, bis man dann endlich drin war, das richtige Wettkampf-Feeling stellte sich dann erst nach und nach ein,“ erzählt Benzinger. Und die USClerin zeigte sich auch in Dortmund noch einmal von ihrer besten Seite, blieb in 7,54 Sekunden nur zwei Hundertstel über ihrer Bestzeit. „Ich habe einen kleinen Fehler gemacht, sonst wäre vielleicht noch mehr drin gewesen“, war sie erst ein bisschen enttäuscht, „aber insgesamt betrachtet kann ich sehr zufrieden sein mit meiner Hallensaison!“
Ähnlich fällt auch das Fazit ihres Trainers aus: „Tina hat in diesem Winter ein neues Leistungsniveau erreicht. Das gibt viel Rückenwind für die Sommer. Es war eine kurze, intensive aber auch sehr schnelle Hallensaison für sie.“ Nun heißt es für Benzinger zurück ins Aufbautraining, die ersten Prüfungen an der Uni absolvieren und dann hoffen, dass ein Oster-Trainingslager stattfinden kann. „Das wäre klasse und würde mir sicherlich helfen, um für die Freiluft-Wettkämpfe in Form zu kommen!“ Tina Benzinger hat sich also noch viel vorgenommen.