Bericht von Michael Wilms auf der Homepage der LG Stadtwerke München:
Viermal rotieren die meisten Hammerwerfer um die eigene Achse, bevor sie ihr Wurfgerät in Richtung Sektor befördern. Simon Lang liebt an seiner komplexen Disziplin das Zusammenspiel von Geschwindigkeit, Kraft und Technik. Der langjährige Leichtathlet der LG Stadtwerke München hat jüngst sein Karriereende bekannt gegeben und wird zukünftig keine Drehungen mehr im Wurfring absolvieren, sondern als Abteilungssportleiter der VI. Bereitschaftspolizeiabteilung seine Kreise ziehen. Er ist seit September für mehr als 1.300 Kolleginnen und Kollegen zuständig und regelt u. a. deren sportfachliche Belange in der Aus- und Fortbildung.
Die Leichtathletikkarriere von Simon Lang verlief wie die Bahn des Hammerkopfes vor dem Abwurf: Sie hatte einige Hochpunkte, aber – zumindest in den letzten Jahren – gehörten auch Tiefpunkte durch Verletzungssorgen dazu.
Wie alles begann
Zur Leichtathletik kam er bereits im Alter von acht Jahren über seinen älteren Bruder Johannes. Von Beginn an zeigte sich das Talent der beiden Brüder vor allem in den Wurfdisziplinen. Der jüngere stellte 2008 mit 47,50 Meter einen heute noch gültigen oberfränkischen Speerwurfrekord in der Altersklasse M14 auf. Sein damaliger Trainer Walter Opavsky war es, der ihm zum ersten Mal einen Wettkampfhammer in die Hand drückte. Danach dauerte es nicht lange, bis Trainerkoryphäe Martin Ständner auf Simon Lang aufmerksam wurde. Der ehemalige DLV-Hammerwurf-Bundestrainer (Frauen) formte ihn zu einem der besten Nachwuchsathleten in seiner Paradedisziplin. Simon Lang vertrat mehrfach die deutschen Farben bei internationalen Nachwuchsmeisterschaften (European Youth Olympic Trials 2010 in Moskau, U18-WM 2011 in Lille und U20-WM 2012 in Barcelona).
Der Wechsel nach München
Aufgrund seiner Erfolge wurde er nach dem Abitur (2012) in die Spitzensportfördergruppe der Bayerischen Polizei – mit Sitz in Dachau – aufgenommen. Dies legte einen Vereinswechsel zur LG Stadtwerke München und DLV-Nachwuchsbundestrainer Joachim Lipske nahe, der in München erster Ansprechpartner für Hammerwerfer ist. Unter seiner Regie erzielte Simon Lang seinen größten sportlichen Erfolg, den 4. Platz bei der U20-EM 2013. Dem Trainer-Athleten-Gespann gelang es, die Wettkampfleistung mit dem 7,26 kg schweren Wurfgerät der Erwachsenen auf 72,61 Meter auszubauen. Die Leistung vom 16. Mai 2016 ist bis heute bayerischer Junioren-Rekord. Aufgrund gesundheitlicher Rückschläge, die ein langfristiges, zielgerichtetes Leistungstraining erschwerten, blieb dieser Wert allerdings auch das Maß aller Dinge für Simon Lang. Mit einer Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften 2019 (68,01 m) zeigte der 1,85 Meter große und 100 Kilogramm schwere Athlet noch einmal, dass man – sofern sein Körper es zulässt – immer mit ihm rechnen musste.
So reifte der Entschluss
Während dieser Zeit drehte er allerdings gefühlt mehr Runden durch Wartezimmer von Ärzten, Ernährungswissenschaftlern und Physiotherapeuten als durch den Wurfring. Die regelmäßig bei höherem Trainingspensum auftretenden Beschwerden gepaart mit einer neuen beruflichen Perspektive stellten letztlich die Beweggründe für das verhältnismäßig frühe Ende der aktiven Leistungssportkarriere des 26-jährigen dar.
„Auch wenn ich Training nie als Belastung wahrgenommen habe, bin ich froh, jetzt den Sport machen zu können, auf den ich Lust habe, und nicht nur Übungen zu absolvieren, um möglichst ohne Schmerzen Hammerwerfen zu können.“,
Aktuell spannen ihn berufliche Verpflichtungen und sein Fernstudium der Sport- und angewandten Trainingswissenschaften dermaßen ein, sodass eine Trainertätigkeit in absehbarer Zeit nicht geplant ist. Da Leichtathletik einen hohen Stellenwert bei der Polizeiausbildung einnimmt, bleibt er zunächst über die berufliche Schiene der Sportart erhalten. Bedanken möchte sich der Hammerwerfer bei seinen langjährigen Trainern, insbesondere bei Joachim Lipske, der immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Seine langjährigen Physiotherapeuten Daniela Schmid und Florian Göttl hätten ihm stets den Rücken gestärkt – nicht nur in Bezug auf Kraftprogramme zur Rückenkräftigung. Nicht unerwähnt lassen möchte der Wurfspezialist auch die Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei und die Förderung der LG Stadtwerke München, die ihm seine Leistungssportkarriere ermöglicht hätten.
„Ein Comeback auf großer Bühne wird es bei mir nicht geben. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass ich in einiger Zeit – aus Liebe zur Disziplin oder zu Demonstrationszwecken – noch einmal zum Hammer greife“
Noch einmal vier Runden drehen und den Hammer abfeuern… Nach seiner beeindruckenden Karriere dürfte sich Simon Lang selbst nach längerer Abstinenz sicher gut im Wurfring zurechtfinden.
Stimmen zum Abschied
Ich kenne ihn in den vielen Jahren der Zusammenarbeit als einen sehr fleißigen, zielstrebigen und gewissenhaften Athleten. Ich verhehle nicht meine Bewunderung, wie es ihm die letzten drei Jahre gelang, sich täglich zu motivieren, um eine vollständige Belastungsverträglichkeit zu erreichen. Er ist sehr kollegial und hilft, wo auch immer Not am Mann ist. Es war schon mehr der Hang zum Perfektionismus, der ihm selbst und auch mir das Leben manchmal schwer machte. Für die Trainingsgruppe war er stets ein bereichernder und aktiver Part, der trotz eigener Probleme anderen zu Seite stand. Seine positive Grundeinstellung war und ist Vorbild für seine Trainingskameraden.
Sicher sehen wir uns jetzt nicht mehr täglich oder wöchentlich. Doch ich schätze die Zeit mit ihm, die anregenden Gespräche über die alltäglichen Aufgaben oder auch den gemeinsamen Sport. Ich wünsche ihm von ganzen Herzen Erfüllung bei seiner neuen Herausforderung.
Joachim Lipske (Trainer von 2012 – 2020)
„Ich habe Simon als 20-jährigen aufstrebenden Hammerwerfer kennengelernt. Sein Weg in die deutsche Spitze war da schon vorgezeichnet. Simon hat sich in all den Jahren äußerst fokussiert und diszipliniert seiner Leidenschaft, dem Hammerwurf, gewidmet und sein Leben danach ausgerichtet. Parallel dazu hat er sich auch in Zeiten großer sportlicher Erfolge wie selbstverständlich in die Vereinsarbeit eingebracht und wurde dafür sehr geschätzt. Er hat beispielsweise mit Kindern trainiert oder Siegerehrungen durchgeführt. Nach seiner Verletzung hat er alles unternommen, um seine frühere Stärke zurückzuerlangen. Ein Dank gilt in diesem Zusammenhang auch seinem langjährigen Trainer Joachim Lipske, der tagesaktuell sehr geduldig und behutsam reagiert hat. Die deutsche Vizemeisterschaft 2019 war ein schöner letzter Erfolg für beide, eine kleine Belohnung für ihre nicht zu brechende Begeisterung für ihren Sport. Es freut mich nun, dass Simon auch im Polizeiberuf engen Kontakt zum Sport halten wird. Beruflich wie privat wünschen wir ihm alles Gute für die Zukunft. Bei der LG Stadtwerke München wird er immer gern gesehen und sehr willkommen sein.“
Christian Gadenne (Geschäftsführer der LG Stadtwerke München)
Sein Karriereende ist ein herber Verlust für den ganzen Verein. Er ist ein feiner Kerl, den ich als bescheidenen Athleten kennengelernt habe, der immer sehr akribisch und bis ins letzte Detail gearbeitet hat.
Daniela Schmid (Physiotherapeutin)